Kein Betreuungsunterhalt für Erstklässler

Alleinerziehende müssen ganztags arbeiten, wenn das Kind einen Schülerhort besucht.


Mit Urteil vom 30.03.2011 hat der Bundesgerichtshof seine restriktive Rechtsprechung zum Unterhaltsanspruch geschiedener Alleinerziehender fortgesetzt und wiederholt die Einzelfall-Bezogenheit betont. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung war über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu entscheiden. Nach dem Urteilstenor ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Denn mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahrs den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

Darum geht es:  die geschiedene Kindesmutter begehrte vom Kindesvater nachehelichen Betreuungsunterhalt für den gemeinsamen 6-jährigen Sohn, der die erste Klasse der Grundschule besucht. In den Vorinstanzen verpflichteten das Amtsgericht und das Oberlandesgericht die Kindesmutter zu einer Teil-Erwerbstätigkeit von täglich 5 Stunden. Im Übrigen wurde ihr ein monatlicher Betreuungsunterhalt von € 463,00 zuerkannt. Der BGH hob dieses Urteil auf. Nach der Rechtsauffassung des 12. Familiensenats gebe es in der Grundschule eine Ganztagesbetreuung bis 17 Uhr. Nach Auffassung der Bundesrichter sei nicht dargelegt, wieso die Mutter nicht Vollzeit arbeiten könne. "In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht ..., kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe für den nachehelichen Betreuungsunterhalt berufen" (BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 03/09)

Fazit:  Mit dieser Entscheidung setzt der Bundesgerichtshof die konsequente Einzelfallprüfung seiner Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt fort. Es wird damit leider mehr und mehr Glücksache, wie die Gerichte im individuellen Fall zum nachehelichen Unterhalt befinden. Diese Rechtsprechung ist vermehrt in die Kritik geraten, da die kindgerechte und verantwortungsbewusste Betreuung nicht um 17 Uhr mit Schließung des Horts endet. Im Bundesjustizministerium wird derzeit geprüft, ob es Nachbesserungsbedarf im Unterhaltsrecht gibt.

 


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Letztes Update 27.05.2011 | Copyright © Rechtsanwalt Michael Mayer | iScheidung.de 2017 | Seite drucken: Kein Betreuungsunterhalt für Erstklässler